Neue Rubrik Sportmedizinwissen
Kurz und prägnant, passend für alle im Verein Tätigen!
Vorlesen

Beweglichkeit

Beweglichkeit ist eine der vier konditionellen Fähigkeiten. Sie definiert sich als die Fähigkeit, bewusste Bewegungen mit großen Schwingungsweiten in den beteiligten Gelenksystemen ausführen zu können.

Die Bedeutung der Beweglichkeit ist von Sportart zu Sportart unterschiedlich. Um den Anforderungen der Sportart gerecht zu werden oder beispielsweise bestimmte Techniken optimal ausführen zu können, benötigen deine Sportler*innen in manchen Körperregionen besondere Beweglichkeit.

Beispiele: Beim Turnen ist eine hohe Beweglichkeit in vielen Bereichen gefordert, für einen Spagat zum Beispiel in den unteren Extremitäten. Beweglichkeit in den unteren Extremitäten ist ebenso für eine*n Torhüter*in im Handball leistungslimitierend. Tischtennisspieler*innen benötigen hingegen eher eine hohe Beweglichkeit im Handgelenk, um möglichst viele Schlagvarianten ausführen zu können.

Für manche Personen – Sportler*innen oder auch Menschen, die keine spezifischen Sportarten durchführen – geht es jedoch einfach darum, eine allgemeine Beweglichkeit (im Alltag) herzustellen bzw. aufrechtzuerhalten.

Beispiele: Sowohl für effizientes und schmerzfreies Treppensteigen als auch beim Springen und Sprinten ist eine gute Beweglichkeit der Sprunggelenksbeugung notwendig.

Menschen, die für ihre alltäglichen und sportlichen Bewegungen ausreichend beweglich sind, müssen Beweglichkeitstraining nicht in den Fokus ihres Sporttreibens stellen. In einigen Sportarten und für viele Sportler*innen steht häufig eher eine Stabilisation von Gelenken durch Krafttraining der Muskulatur im Vordergrund als eine Verbesserung der Beweglichkeit.

Gelenkigkeit und Flexibilität

Die Beweglichkeit kann in Gelenkigkeit und Flexibilität unterteilt werden. Dabei beschreibt Gelenkigkeit den Bewegungsspielraum, der sich durch unseren passiven Bewegungsapparat, also primär durch unsere Gelenke, ergibt. Flexibilität ergibt sich durch den aktiven Bewegungsapparat, also primär durch Muskeln und Sehnen. Flexibilität ist der Teil, den wir durch unser Beweglichkeitstraining trainieren wollen.

Beweglichkeit = Gelenkigkeit + Flexibilität

Gelenkigkeit

Gelenkigkeit lässt sich durch dein Breitensportangebot nicht verändern, sie ist als gegeben zu betrachten. Allerdings solltest du wissen, welches Gelenk welche Bewegungen ausführen kann, um somit Rückschlüsse darauf ziehen zu können, in welchen Bewegungsumfängen du die einzelnen Körperbereiche trainieren kannst.

Beispiel: Dein Ellenbogengelenk kannst du so weit strecken, dass Oberarm und Unterarm in einer Linie sind. Manche Menschen können ihren Arm auch ein paar Grad weiter „überstrecken“, aber auch bei ihnen endet der Bewegungsumfang, der durch das Gelenk vorgegeben ist. Es ist daher nicht zielführend und notwendig eine weitere Streckung im Ellenbogengelenk zu trainieren, da sie anatomisch nicht möglich ist.

Flexibilität

Flexibilität steht im Mittelpunkt unseres Beweglichkeitstrainings. Du kannst Flexibilität verbessern, indem du insbesondere Muskeln und Sehnen trainierst. Zur Veranschaulichung ist unten beispielhaft die Achillessehne abgebildet (Abbildung 15). Gut zu erkennen ist, dass die Sehne (grün) die Verbindungsstelle zwischen dem Knochen und den Muskelbäuchen (rot) ist.

Beispiel: Wenn die rot markierte Wadenmuskulatur aktiviert wird, zieht sie sich zusammen. Die Kraft wird über die Achillessehne auf einen Knochen unterhalb des Sprunggelenkes übertragen. Dadurch wird eine Bewegung im Gelenk ausgelöst, sodass die Sportler*innen sich aus dem Stand auf die Zehen hochdrücken können.

Methoden des Beweglichkeitstrainings

Beweglichkeitstraining zielt auf die Verbesserung des Bewegungsausmaßes in bestimmten Körperbereichen ab. Dies wird erreicht durch die Verbesserung der Flexibilität, also primär durch die Dehnfähigkeit der Muskulatur. Als Methoden des Beweglichkeitstrainings stehen daher Mobilisation und Dehnen zur Auswahl.

Mobilisation ist gekennzeichnet durch kontrollierte, meistens langsame Bewegungen wie Beugen und Strecken, Rotationen oder Kreisen der Gelenke. Übungen können dabei das Kreisen der Hüften, das Beugen und Strecken des Fußes oder eine Rotation der Brustwirbelsäule sein. Zudem sollte Beweglichkeit nur in den Bereichen trainiert werden, in denen diese auch erforderlich ist. Dies sind bei Personen ohne besondere Beeinträchtigungen vor allem Brustwirbelsäule, Hüfte und das Beugen und Strecken der Fußgelenke. Schultergelenke, Rumpf, Knie und die Fußgelenke in den seitlichen Bewegungen sollten durch Krafttraining stabilisiert werden.

Dehnen ist gekennzeichnet durch das Halten einer Position über mehrere Sekunden bis Minuten, bei welcher der Muskel auf die Länge gebracht wird. Dabei lassen sich aktives und passives Dehnen unterscheiden. Beim aktiven Dehnen wird der Körper durch den*die Sportler*in selbst in die zu dehnende Position gebracht. Beim passiven Dehnen wird beispielsweise auf die Hilfe eines Partners oder auf Gewichte zurückgegriffen, um den Körper noch weiter in die Dehnung zu bringen. Für das Breitensporttraining ist dies in der Regel nicht notwendig. Außerdem besteht hierbei für Ungeübte ein erhöhtes Verletzungsrisiko. Vom passiven Dehnen raten wir daher für das Breitensporttraining ab! Mit dem aktiven Dehnen und dem Mobilisationstraining wirst du die Ziele deiner Teilnehmer*innen gut erreichen.

Belastungsnormative des Beweglichkeitstrainings

Für die Belastungsnormative im Beweglichkeitstraining liefert die Sportwissenschaft keine exakten Empfehlungen, wie es sie für das Training der anderen konditionellen Fähigkeiten gibt. Das hängt vor allem damit zusammen, dass es schwierig ist, die Intensität eines Dehnreizes in Einheiten zu messen. In der Theorie läge die maximale Reizintensität bei 100 % wenn der Dehnschmerz so stark ist, dass die Belastung sofort wieder abgebrochen werden muss. Deshalb lässt sich auf jeden Fall feststellen, dass die Intensität beim Beweglichkeitstraining submaximal sein sollte – also niedriger als maximal. Das heißt, dass das Empfinden eines Dehnreizes in der Dehnposition bzw. in der Endposition einer Mobilisationsübung nur so stark sein sollte, dass der*die Sportler*in die Intensität über mehrere Minuten halten könnte.

Intensität und Belastungsdauer stehen auch im Beweglichkeitstraining in Wechselwirkung. Je höher die Intensität, desto geringer ist die Haltedauer beziehungsweise die Anzahl der Wiederholungen. Beim Dehnen kannst du bei gleichbleibender Intensität über die Wochen deines Trainings die Reizdauer kontinuierlich verlängern und somit den Gesamtreiz erhöhen. Beim Mobilisieren kannst du die Anzahl der Sätze und Wiederholungen bei gleicher Intensität steigern.

Beispiele:

Dehne deinen Hüftbeuger dreimal für 30 Sekunden. Die Intensität sollte dabei so gewählt werden, dass du den Reiz auch über mehrere Minuten tolerieren könntest. In der Pause kannst du den Hüftbeuger deines anderen Beins dehnen. So ergibt sich ein Belastungs-Pausen-Verhältnis von 1:1. Wenn du die Belastung kontinuierlich steigern möchtest, kannst du nach jeweils vier Einheiten die Belastungsdauer in jedem Satz um 5 Sekunden erhöhen. Bist du bei 45 Sekunden angelangt, erhöhe die Anzahl der Sätze und starte wieder mit weniger Sekunden.

Mobilisiere deine Hüfte durch das Vor- und Zurück-Pendeln eines Beins, während du auf dem anderen Bein stehst und dich an der Wand abstützt. Du solltest dein Bein nur so weit nach vorn und hinten pendeln, dass der Reiz in der Endposition so leicht ist, dass du ihn in einer statischen Position für mehrere Minuten halten könntest. Pendle dein Bein dreimal für 10 Wiederholungen vor und zurück. Wenn du den Trainingsumfang kontinuierlich steigern möchtest, kannst du nach vier Einheiten die Wiederholungen in jedem Satz erst auf 15, dann auf 20 Wiederholungen erhöhen. Bist du bei 20 Wiederholungen angekommen, erhöhe dein Training auf vier Sätze.

Einflussfaktoren auf die Beweglichkeit

Die Beweglichkeit ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Personenexterne Faktoren kannst du als Übungsleiter*in nur bedingt beeinflussen (vgl. Abbildung 17, linke Spalte). Achte darauf, dass die Kleidung deiner Sportler*innen angemessen ist, sodass sie sich frei bewegen können und sich zu jeder Zeit wohlfühlen. Außerdem sollte der Bewegungsraum eine angenehme Temperatur aufweisen, damit sich die Sportler*innen während der sportlichen Aktivität wohlfühlen. Wenn deine Teilnehmer*innen frieren, sind sie aufgrund der Muskelanspannung weniger beweglich. Morgens nach dem Aufstehen sind deine Teilnehmer*innen ebenfalls weniger beweglich. Generell kannst du diesen Faktoren mit einem angemessenen Aufwärmen entgegenwirken. Dadurch wird die Beweglichkeit gefördert und die Körperstrukturen gut durchblutet, sodass anschließend das Beweglichkeitstraining beginnen kann.

Die personeninternen Faktoren können nur teilweise beeinflusst werden (vgl. Abbildung 17, rechte Spalte). Im Prozess des Älterwerdens nimmt die Beweglichkeit bei Menschen grundsätzlich ab, weil sich das Bindegewebe verfestigt. Durch ein gezieltes Training kann der Prozess des Leistungsrückgangs jedoch verringert werden. Sportler*innen, die sehr gestresst sind, weisen aufgrund der erhöhten Muskelanspannung eine geringere Beweglichkeit auf. Das Stressempfinden kannst du durch ein Sportangebot vermindern, in dem sich die Teilnehmer*innen wohlfühlen und vom Alltag abschalten.

Empfehlungen für die Praxis – Beweglichkeitstraining:

  1. Beweglichkeitstraining kannst du entweder als Schwerpunkt deiner Sportstunde oder als einen Teil deiner Sportstunde nutzten.
  2. Wenn du die Beweglichkeit deiner Sportler*innen langfristig verbessern möchtest, musst du kontinuierlich Beweglichkeitstraining in deine Sportstunde einbauen.
  3. Ein Mobilisationstraining kannst du (nach einem Warm-up) entweder zu Beginn oder am Ende deiner Sportstunde einbinden. Statisches Dehnen hingegen am besten zum Ende deines Trainings.
  4. Die Intensität des Dehnreizes sollte so gewählt werden, dass die Position bzw. Bewegung für mehrere Minuten gehalten werden könnte.


Quelle:

Praxismodul A der C-Lizenz Praxiswissen Sport Für Übungsleiter*innen

Hottenrott et al., 2022
Hanakam & Ferrauti, 2020
Remmert, 2020
Marées, 2017
Spanaus, 2002

Auch Interessant:

Entdecke wertvolle Tipps und Praxishilfen zur Planung und Durchführung von Sportstunden. "Praktisch für die Praxis" Stundenbeispiele bietet dir komplett geplante Sportstunden zu verschiedenen Schwerpunkten und Zielgruppen, mit diversen Materialien.