Polarisiertes Training
das neue Ausdauertraining
Was ist das Erfolgsrezept der norwegischen Langläufer? Polarisiertes Training (POL)! Es handelt sich dabei um eine Trainingsmethode, bei der niedrig-intensive, umfangsorientierte Ausdauereinheiten mit kurzen, hochintensiven Belastungen nach der HIIT-Methode (High-Intensity Interval Training) kombiniert werden. Diese Trainingsform kommt nicht nur im Leistungssport zum Einsatz, sondern wird – in angepasster Form – auch zunehmend ambitionierten Breitensportlerinnen und -sportlern empfohlen.
Zahlreiche sportwissenschaftliche Studien bestätigen, dass diese bewusste Kontrastierung der Trainingsintensitäten zu neuen Reizen führt und dadurch sogar bei fortgeschrittenen Ausdauerathletinnen und -athleten zu weiteren Leistungssteigerungen führen kann. Das Training polarisiert – also gegensätzliche Trainingsbelastungen – schafft zudem neue Motivation, ist abwechslungsreich und im Vergleich zu klassisch umfangsbetontem Ausdauertraining weniger zeitintensiv.
Das Besondere an der POL-Methode, das auch in der Trainingsforschung für Begeisterung sorgt, ist die gezielte Kombination eines Grundlagenbereichs zur Entwicklung der aeroben Basis mit einem vergleichsweise deutlich höheren Anteil hochintensiven Intervalltrainings oberhalb der aerob-anaeroben Schwelle. „Polarized“ bedeutet in diesem Zusammenhang, konsequent zwischen zwei Polen zu unterscheiden: zum einen die „leichten“, niedrigintensiven Einheiten im Grundlagenbereich und zum anderen die „harten“, intensiv-kurzen Einheiten mit hoher physiologischer Belastung.
Dabei wird bewusst der sogenannte „Sweet Spot“ – also der mittlere Intensitätsbereich – vermieden. Dieser Bereich wird im Freizeitsport besonders häufig durchlaufen, liegt jedoch genau zwischen den beiden Trainingspolen und gilt als ineffektiv im Hinblick auf die gezielte Leistungsentwicklung. Frei nach dem Motto: „too easy on the hard days, and too hard on the easy days“ wird dieser mittlere Bereich im POL-Konzept als sogenannte „forbidden zone“ bezeichnet. Dort ist die Belastung zu hoch für echte Regeneration, aber gleichzeitig zu niedrig, um einen optimalen Trainingsreiz zu setzen – eine Zone, die in der Trainingssteuerung oft zu Stagnation oder Überlastung führt.
Das hochintensive Training erfolgt beim POL-Modell über klar strukturierte HIIT-Protokolle, die sich deutlich oberhalb der individuellen Ausdauer- bzw. anaeroben Schwelle bewegen. Die aeroben Trainingseinheiten hingegen werden strikt im unteren Grundlagenbereich angesiedelt – beim Radfahren oder Laufen in der Regel etwa 30 Pulsschläge unterhalb der individuellen Ausdauerschwelle.
Wer nach der POL-Methode trainiert, sollte rund 75 bis 80 Prozent seines Trainingsumfangs im niedrigen Grundlagenbereich absolvieren und etwa 10 bis maximal 15 Prozent der Trainingszeit in Form hochintensiver Intervalle gestalten – in der Regel genügt ein bis zwei HIIT-Einheiten pro Woche.
Auch für den ambitionierten Breitensport ist die POL-Methode besonders interessant: Sie bietet durch ihre Struktur nicht nur hohe Trainingseffizienz mit vergleichsweise geringem Zeitaufwand, sondern auch eine klare Vorgabe für Belastung und Erholung – was gerade im Alltag hilft, Übertraining und Motivationsverlust zu vermeiden. Gerade Freizeitsportler, die häufig in einem eher „mittelmäßigen“ Leistungsbereich trainieren, profitieren von der klaren Aufteilung in Grundlagentraining und intensive Reizsetzung.
Damit ist polarisiertes Training nicht nur ein Erfolgsmodell im Spitzensport, sondern auch ein vielversprechender Ansatz für all jene, die ihre Ausdauerleistung gezielt verbessern, ihre Trainingszeit sinnvoll nutzen und dabei übermäßige Belastung vermeiden möchten. Voraussetzung ist eine sinnvolle Steuerung der Intensitäten – idealerweise über Puls, Watt oder subjektive Belastungsskala – um die Traininingseinheiten im richtigen Bereich einzuordnen.
Polarisiertes Training schafft also eine wirksame Balance aus Belastung und Regeneration, ist wissenschaftlich fundiert und gleichzeitig praktikabel – für Leistungs- wie für Freizeitsportler.